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      Gespräch mit Hermi Steckel am 10. Januar 2001

 

 
 




Neunzig minütiges Gespräch mit Hermi Steckel am 10. Januar 2001 in München
zum einhundertjährigen Geburtstag ihres verstorbenen Mannes Leonard.

Entzückende Begegnung mit Frau Steckel

Volltextversion - zum Hörstück

 

Hermi Steckel, 1916 in München Schwabing geboren, besuchte das Luisengymnasium und vertrat ab 1948 als Fotoagentin Reuters und die Associated Press. Bereits in den letzten Kriegsjahren war ein Künstlerpaar in der Giselastrasse Mittelpunkt des wieder erwachenden kulturellen Leben in München.
 
Dort lernte Hermi Steckel 1953 über amerikanischen Journalisten Curt Riess den aus der Emigration kommenden Berliner Schauspieler und Theaterregisseur Leonard Steckel kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick.
 
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Ich bin so froh, dass ich in den Genuss gekommen bin, Sie kennenzulernen.

Aber hören Sie... ich bin in den Genuss gekommen, mit Ihnen Gymnastik machen zu dürfen.

Aber heute wollen wir keine Gymnastik machen, ausnahmsweise, ausser Sprechgymnastik, weil ich habe nämlich von Ihnen erfahren, wer Leonard Steckel war, jedenfalls ansatzweise. Und nachdem er jetzt am 8. Januar hundert Jahre alt geworden wäre, haben wir uns gedacht, dass es wirklich gut wäre, endlich anderen Leuten, jüngeren vor allem, zu erzählen, [...] wer Leonard Steckel war.

Das wäre natürlich sehr schön, ich wäre sehr glücklich darüber.

Das, was mir zuerst aufgefallen ist bzw. heutzutage wahrscheinlich interessiert, ist, dass er Jude war und aus Deutschland ausgebürgert wurde, und zwar schon sehr früh. Wann war das denn? Da waren Sie noch nicht mit ihm zusammen?

Nein, er hatte das Glueck, dass er, 1933, als er von einer Tournee in Skandinavien zurückkam, wo viele jüdische Kollegen mit dabei waren, und die, wie hiess die Frau von... die Duberee gespielt hat, na, Gitta Alpa, die Frau von Gustl Fröhlich, der ein Freund von Stecki war. Die haben also diese Auslandstournee gemacht durch die skandinavischen Länder, auch um ein bisschen weg zu sein aus Berlin und nicht so greifbar. Und sehr viele von diesen Schauspielern damals haben in einem Künstlerblock gewohnt, am Breitenbachplatz. Und da war gerade die Anja geboren, Tochter aus erster Ehe und die Angst ging um. Es gingen dann auch andere Leute, auch Ernst Busch wohnte da, in diesem Künstlerheim, auch viele andere. Die versuchten natürlich alle, irgendwohin zu fliehen. Lorbach hat gesagt: Was soll ich machen? Ich kann nicht französisch, soll ich nach Paris gehen und warten, bis Hollywood kommt oder so etwas?

Also sie waren wirklich, wie soll ich sagen, am Ende mit ihren Plänen, was man machen kann. Da hatte er das Glück, dass das Züricher Schauspielhaus, das ein Boulevard-Theater war, ihn angagiert hat und ein Telegramm geschickt hat und er schrieb noch: "Wir sind gerettet! Und Sie müssen in dreieinhalb Tagen in Zürich sein." Sie konnten nämlich doch allerhand mitnehmen noch und sie fuhren also los. Er war jung verheiratet, die Anja war gerade am 3. Februar 33 geboren. Also sie kamen da an und er war engagiert bereits in diesem Telegramm für "Mass für Mass" von Shakespeare. So ging´s los.

Dann fuhren sie und mussten sich dann erst mal Wohnung suchen. Das war gar nicht so einfach, weil sie keine grossen Gagen erst mal bekamen, erst mal schon gar nicht, da ging erst mal die Arbeit los. Da waren schon einige Kollegen, Hartung aus Darmstadt, ob Lindbergh schon da war, weiss ich nicht, jedenfalls es kamen dann mit der Zeit Ginsberg, Langhoff, den hat tatsächlich der Herr Rieser, der dieses Privattheater hatte, aus dem KZ Flössenberg mit einem Brief an den Herrn Hinkel, der war damals der Reichstheaterleiter, herausholen können. Und Heinz und Parüla, Parüla kam glaub ich später mit seiner Frau, ich weiss nicht so ganz genau mehr, wer da immer kam, nich. Giehse, Horrowitz, Ginsberg, der kam glaub ich etwas später. Die Giehse glaub ich 38, dann kam später 38 Maria Becker aus Wien, die war ja ganz jung, die war 18. Ja und dann haben sie natürlich eigentlich Boulevard gespielt, die erste Saison. Was weiss ich, ich glaube Pension Schöller und solche Sachen. Aber es musste - erstensmal war Zürich keine sehr musische Stadt - und um das Haus voll zu kriegen, musste jeden Donnerstag ´ne Premiere sein.

Und jetzt stellen Sie sich mal vor für die Schauspieler die spielten, wenn sie nicht kleine Rollen hatten, die Hauptrollen spielten, was die für Text zu lernen hatten. Da gibt es noch einen Brief wo er sich beschwert, wo er sagt: "Ich kann nicht mehr." Ich schmeiss schon jeden Tag die Tasse um morgens zu Hause. Und sie waren ja, weil sie jeden TAg proben mussten, viel mehr im Theater als zu Hause. Und dann hat doch dieses Esnemble, was sich langsam gebildet hat, den Riesler dazu gekriegt, ein etwas anspruchsvolleres Theater zu machen. Und da sie ja alle Antifaschisten und Juden waren, hsben sie sich auch Stücke ausgesucht, also, Don Carlos, nich wahr: "Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!" Das war dann ein grosser Erfolg beiim Publikum. Da haben sie gross Beifall gespendet. Solche Dinge gab es schon.

Er ist dann doch auch nicht nur Schauspieler gewesen, sondern auch Theaterregieseur

Er war die ersten fünf Jahre nur Schauspieler. Und die sind jeden Donnerstag - das war natürlich eine irrsinnige Belastung - diese Schauspieler waren mehr im Theater, als zu Hause. Dann wurden noch Striche gemacht im letzten Moment, und das war schon... Morgens Generalprobe, abends Premiere und so, das war schon schlimm. Das Theater - als Boulevardtheater ging es eher, als nachher - mit den ernsthafteren und antifaschistischen Stücken, aber sie hatten dann das Glück das ja im nationalsozialistischen Deutschland keine Ausländer, feindtaatliche oder jüdische Autoren, aufgeführt werden konnten. Und dann schickten die natürlich all ihre Stücke ans Schauspielhaus in Zürich, wenn sie deutsch aufgeführt werden wollten. Und haben sie enorm viele, ich glaube er hat über zweihundert Stücke nachher später inszeniert. Er hat eigentlich fünf Jahre fast nur Theater gespielt. Naja, ein bisschen vorher hat er schon angefangen.

Welche Autoren waren das denn, ihre Stücke geschickt haben?

Ja, wer war denn am Anfang? Das waren natürlich Amerikaner, es war Tennessee Williams, Arthur Miller war da glaub ich noch gar nich so, aber es war Wilder, es waren Steinbeck, es waren Franzosen, es waren die Italiener, oder Spanier, Lorqua, Paniol, Giroudou, haben alle ihre Stück da hin geschickt. Die wurden dann übersetzt und dann in deutsch dort aufgeführt. Das war natürlich enorm.

Und dann hat er aber irgendwann mal angefangen, Regie zu machen.

Ja, als es dann gar nicht mehr ging mit dem Text. Er hat sich dann in die Regie geretttet. Ich weiss jetzt gar nicht mehr, was seine erste Regie war. Das müsst ich in dem schönen, brav geführten Rollenbüchlein nachsehen, was seine erste Regie war. Er hatte schon mal bei Piscator eine Sache gemacht von Jung, von dem jetzt übrigens die Akademie gerade eine Ausstellung hatte, das hiess... hab ich jetzt vergessen, das muesst ich nachsehen.

Also die Akademie in Berlin oder in München?

Die Akademie in Berlin, ja ja. Die hat den Jung jetzt geehrt. Es ist ja alles fünfzig Jahre her, oder länger.

Wenn Sie so nett wären und die Vornamen dazu zu sagen, weil oft viele von den Jungen und z.B. auch ich die Namen oft gar nicht kennen [...].

Ja, der Jung, wie hiess der denn [...] also es war nicht C. G. Jung, natürlich

Ja, das ist klar[Lachen]

Ja und dann fing er an und dann zuletzt, wenn Sie in das Rollenbüchlein schauen, hat er in den letzten Jahren nur noch Regie geführt. Und dann, das war von 33 bis 38 war es unter der Leitung dieses Herrn Rieser, der verheiratet war mit einer Schwester von Franz Werfel. Und die hat auch mal geschrieben, ich glaube die hatte eben auch Ambitionen. Und nachher ´38 hat Herr Rieser also auch die Wepsen untern Hintern gekriegt - entschuldigen Sie die Ausdrucksweise - und ist nach Amerika gegangen und hat das Privattheater sozusagen der Stadt gelassen. Die haben dann das mit dem Verleger Opprecht, der sich sehr um Emigranten gekümmert hat, auch um Schreibende Emigranten wie Hans Saal, oder Mayer oder wie die alle damals hiessen... Else-Laske-Schüler. Der hat sich sehr für das Schauspielhaus eingesetzt und hat ein Auffangkonsortium mit Richard Schweitzer, das war ein Drehbuchautor, mit einem Stadtpräsidenten, Herrn Dübi oder wie der hiess, weiss ich jetzt gar nicht mehr genau.

Offizielle Stadtväter haben das aufgefangen und haben Herrn Wäderlin, der damals Regisseur in Basel war, als Direktor eingesetzt und von dort dann war dann alle vierzehn Tage. Wenn man das heutigen Theaterleuten zeigt, die wie nichts, seit Kortner hier gewütet hat, vier oder fünf Monate probieren können, oder mindestens drei oder vier. Für die ist das unbegreiflich, das man das konnte und anständige Aufführungen.

Was interessant ist, ist auch noch, er war nicht mit Berthold Brecht befreundet, er hat aber Inszenierungen...

Er hat einfach mal, glaube ich, eine Rolle, nämlich den Pitschn, als er noch ganz jung war bei der Dreigroschenoper übernommen. Daher kannte er ihn flüchtig. Aber er hat sich ja aber nicht so besonders mit ihm verstanden. Stecki war auch kein dialektisches Theatergenie, sondern er war sehr für handfestes Theater.

Ja, aber er hat trotzdem Uraufführungen dann inszeniert, von Brecht.

Das war ja sehr viel später. Der Brecht hat 1943 sein erstes Stück geschickt, ich nehme an aus Amerika, das war "Der gute Mensch von Sezuan". Und das hat Stecki inszeniert. Es gab ja dort einen sehr guten Freund und Dramaturgen, der hiess Kurt Hirschfeld. Der hat das Theater zusammengehalten und die hatten auch für ihre Entscheidungen, was sie bringen den Hirschfeld und dann später den Wäderlin, der war erst noch gar nicht dabei, und ein paar: Leopold Lindberg, Karl Parula, Kurt Horrowitz und Stecki die haben also entschieden, was gespielt wird. [...]

Also Brecht schickte ihm drei mal: das und das hat Stecki gemacht. Und die haben so, mal Lindberg, mal Stecki, die haben sich so alternierend, eine zeitlang waren nur die beiden noch da, die Regie geführt haben. Dann kam Wäderlin dazu, als Drittes, Hartung, aus Darmstadt, der ist dann glaub ich weggegangen, auch nach Amerika glaub ich, das weiss ich nicht mehr so genau. Dann kam Brecht selber, ´48, mit seinem Puntila und dem Galilei. Der Stecki war natürlich der Puntila. Schon vom Gewicht her und der Körperlichkeit war das klar, das er das spielen würde. Aber er sagte ja da in seinem Interview, dass er doch ein dummes Gefühl hatte. Dieses dialektische Theater eigentlich, war nicht seine Sache. Er spielte ja alles aus dem Bauch. Das musste bunt und dramatisch sein, nicht sehr intelektuell, was er gemacht hat.

Dann hat er also den Puntila gespielt, aber auch erst mit Schwierigkeiten. In diesem Porträt sagt er ja, er hätte es gerne dann dem Parüla oder jemandem abgegeben. Dann hat Brecht gesagt: "Nur ruhig, wir werden morgen mit der nächsten Szene anfangen", und dann ging es ja plötzlich fabelhaft. Das war ein grosser Erfolg. Und das war ganz anders als es nachher viel später in Berlin war. Nachher hatte der die Glatze, damals hatte er Haare. Er sah ganz anders aus, nicht? Brecht hat ihm nachher ja noch diese schöne Szene «Die Besteigung des Hatelmaberges». Da hat er sich von dem Knecht Matii einen Berg bauen lassen im Finischen - das spielt ja alles in Finnland - in dem er seinen Schreibtisch, musste der also Stuhle raufstellen und der stieg dann da auf den Hatelmaberg und hat dann von der finnischen Landschaft und den Wäldern geschwärmt. "Meine Seen da!" und so. Das ist eine schöne Geschichte gewesen. Also: eine schöne Szene. Eigentlich die Hauptszene nachher.

Aber Galilei hat er dann doch auch inszeniert?

Galilei hat er gespielt und inszeniert, bevor der Brecht nach Zürich kam. Das hat er ja dann auch geschickt. Und über das Galilei muss es noch ein wunderbares Band geben, das irgendwo in einem schweizer Rundfunkarchiv stecken muss, denn Horrowitz hat darüber so geschwärmt. Horrowitz war auch einer, der aus München kam mit der Giehse nachher. Da hat er denn Galilei gespielt und das war also ´43, oder glaub ich, nein, der Galilei war ein bisschen später. Aber immer noch nicht war der Brecht angekommen. Der Brecht kam ja [damals] aus dieser McCarthy Zeit und amerikanische Umtriebe... [...]

Brecht hatte in der Schweiz keine Arbeitserlaubnis?

Die mussten ja alle ihre Arbeitserlaubnis, sog. Toleranzbewilligungen wieder holen oder erneuern, sondt wären sie "an die Grenze gestellt worden", so hiess das damals in der Schweiz.

Das Züricher Schauspielhaus hat ja bis heute so einen guten Ruf. Aber das kann ja nicht daher kommen, dass es mal Boulevardtheater war. Das war also praktisch die Zeit, wo Leonard Steckel dort gespielt und inszeniert hat. Mit den ganzen anderen Immigranten, die das Theater dann zu diesem guten Ruf gebracht hat. Was bis heute anhält eigentlich.

naaa... [...] nun ist schwierig: Zürich ist keine sehr theaterfreundliche Stadt, nie gewesen. Die mussten sich schon wehren, damit Leute genug rein gingen. Deshalb war ja auch am Anfang diese acht Tage Premierenzeit, Probenzeit. Das kann man sich ja gar nicht vorstellen. Brecht wäre gerne nach Darmstadt gegangen, [...] man hat es ihm angeboten. Aber die Möglichkeiten, die ihm Ostberlin geboten haben. Blanko, der konnte probieren, solang er wollte, [...] engagieren, wen er wollte, er hatte Zeit zu allem. Stecki war erstaunt, wie sie den Puntila nacher gemacht haben. Da gab es also echt gemachte Lederstiefel, neue, so was gab´s ja natürlich. In Zürich gab es einen entzückenden Garderobier, der war auch [..] verantwortlich für die Kostüme, [...] Nach Neher war der sozusagen der Hauptbühnenbildner [...] und er musste alles selber machen. Ich glaub es gab einen Bühnenarbeiter, der ihm half beim Malern oder so.

Und dann gabs den Prüfi. Der Prüfi war war ein Garderobier aus Berlin, der schon ´28 um seinen Berliner Dialekt sich abzugewöhnen, nach Zürich ging - der Vater hat ihn geschickt - und nachher haben alle Berlinisch gesprochen, wie der Prüfi. [..] Und der war so ein bisserl ein Naiver und da gibts die schönsten Anekdoten über Prüfi. Und Prüfi war aber ein Genie. Er musste nämlich die Klamotten besorgen und da hatte er ein Fahrrad und einen Anhänger dahinter und da ging er immer ins Brockenhaus [...] er ging ging schon auch viel sich bei der Oper oder beim Stadttheater noch was [..] auszuleihen. [..]

Ich weiss noch dass als [...] Stecki mit der Maria Becker die Heilige Johana machte, musste er ein Kettenhemd herbringen... Es war sehr schwierig, aber dann hat er ein Kettenhemd aus der Oper bekommen, das die Knappen dort irgendwann getragen haben. Und dann sgte der Bobby Freitag, das war der Mann von der Maria Becker: Sie sah viel schöner aus als jemals irgendeine andere Johana. Also er war so ein herrlicher Kerl, ganz naiv und es gibt also wirklich die köstlichsten Geschichten von dem Prüfi. Es gab ein ganzes Büchlein, weil der Baschwitz, der war hernach an den Kammerspielen, der war damals Inspezient, der hat das alles immer alles aufgeschrieben. Es gibt ein kleines Büchlein, das ich hier habe - man könnte wirklich eine ganze Sendung nur über Prüfi machen.

[...] Ich haeng immer noch an der Brechtgeschichte...

An der Brechtgeschichte... Ja, er durfte nicht raus. Also, es war so: ´46, gleich, wie der Krieg zu Ende war - er hatte ja nach wie vor einen Vertrag am Schauspielhaus. Er konnte nicht einfach sagen: "Ich fahr nächste Woche". Also er hat dann nach dem Krieg, also Anfang 46 oder im Frühjahr 46 hat er sich nach Berlin begeben mit einer travel-order der Amerikaner. Und [...] wirklich in Berlin ist er voller Nostalgie herumgefahren, hat dann seinem Freund aus der Schulzeit einen rührenden Bericht, den ich Ihnen mal mitgebe, geschrieben, Der ist wirklich literarisch auch so schön, in Briefform, was er in Berlin gesehen hat. Wie ihn das alles erschüttert hat, diese kaputte Stadt. Und: "Stell Dir vor - der Wannsee kommt!" - ist entzückend geschrieben, wie er von Potsdam aus reinfuhr. [...]

Ja, und er fuhr wieder zurück - es waren nur vier Tage - und er hat sehr viel fotografiert, auch damals schon. Er hat ja schon ´27 immer fotografiert mit seiner ersten Frau. Und diese 36 Alben sitzen also in den Grüften der Akademie in Berlin.

Also die Fotoalben, die er gemacht hat?

Die Fotoalben. Eigentlich könnte man da ja eine Zeitgeschichte machen. [...] Und wie er dann hier war, hat er aufgehört damit. Aber es waren natürlich einfache Amateurphotos, mit einer billigen Kamera gemacht. Aber es war doch alles Intteressante drin, auch zeitgeschichtlich. Und die Emigranten die ankamen: Else Lasker-Schüler, Hans Saal, unser Literaturpapst Mayer aus Thübingen, der war auch Emigrant, der war mit der Jo sehr befreundet. Das waren zwei Kommunisten, die immer in den Lagern waren, die besuchten, denen Regiebücher brachten, weil die ein bisschen was tun wollten. Oder sie brachten ihnen auch mal ein Kostüm, wenn sie es übrig hatten, oder wenn sie es nur ausgeliehen haben und so, also die haben sich ein bisschen gekümmert. Das war vor allen die Jo, die ja Kommunistin war und der Hans Mayer, da gibts auch ein Foto. [...] Der Hans Mayer, der war eben auch in der Emigration, der ging aber nachher als Professor nach Leipzig und jetzt lebt er in Thübingen. [...]

Der Steckel war ja kein Kommunist...

Nein er war kein Kommunist. Er hat sich überhaupt nicht so für Politik interessiert. Antifaschisten waren die alle. Das waren die ja schon aus [..] Überlebenswillen.

Aber er war leidenschaftlicher Theatermann?

Das war er. Da war er wirklich besessen. [...] Sein Frau die Kommunistin, Jo Mihali, Tänzerin und Schriftstellerin [...] - die hatten so eine Art Zelle, wo sie sich jede Woche trafen. Mal bei dem einen im Wohnzimmer, mal bei dem anderen. Da war der Langhoff, der nach dem Osten ging, der Heinz, der nach dem Osten ging, da war Theo Otto sehr prominent drin, die Jo, Parker, [...] der kam auch aus Berlin. Also so eine kleine Clique von sechs, sieben Leuten und die haben also überlegt, was sie machen können gegen diesen Faschismus in Deutschland. Ich weiss nicht, ob sie viel ausgerichtet haben, ausser dass sie irgendwas aufgeschrieben haben [...] Aber sie waren halt schon eine Art Kampfgruppe. Aber da war der Stecki nicht mit dabei.

Die Jo durfte dann ´46 ohne weiteres, sie war deutsche Staatsangehörige geblieben - sie war keine Jüdin - nach Frankfurt fahren und dort, wie die KZs aufgingen, eine Kulturgesellschaft für deutsche Schriftsteller ins Leben rufen. Es war sehr schwierig, weil in Frankfurt war auch alles kaputt und sie wohnte also mit ein paar Kollegen oder Gleichgesinnten irgendwo zusammen und dann wurde sie krank und schrieb. Und der Stecki wollte sie ´47 dann besuchen. Und da war dann von dem Puntila in Berlin noch nicht die Rede. Und das durfte er nicht. Und er wusste nicht, warum. Und er hat immer wieder eingegeben und jetzt weiss ich nicht genau: die Amerikaner haben wahrscheinlich eine Direktive an die Polizei oder die Fremdenpolizei, oder die deutsche Botschaft in Bern oder irgendwo, hingegeben, dass er also nicht in Deutschland erwünscht wäre. In der amerikanischen Besatzungsbesatzungszone. [...]

Also er durfte nicht raus - er hat´s nie erfahren, er hat sich sehr gegrämt. Weil er wollte ja so wie die anderen, die waren alle schon heraussen: Theo war schon in Frankfurt und Lindi war schon in Wien und in Tel Aviv und ich weiss nicht... Lindberg, mein ich jetzt. Und Parüla war auch schon in Wien. [...] Er war sehr unglücklich. Und er wusste es einfach nach wie vor nicht und immer wieder nachgefragt, immer wieder eingegeben - es kam nie heraus. Ich weiss es bis heute nicht. Er hatte dann - hab ich gesehen in dem Institut für Zeitgeschichte: es gibt einen Antrag, den er gestellt hat an die Amerikaner in Bayern. Er wollte mit einem Stück, das er auch in Zürich gemacht hat, «Leuchtfeuer», [...] mit ein paar Leuten aus Zürich, mit ein paar Kollegen, wo auch die Maria Becker mit dabei war, eine Tournee durch Bayern machen. Und sie wollten alles zur Verfügung stellen, was sie hatten, aber sie wollten von den Amerikanern eventuell Unterkunft in irgend solchen amerikanischen Möglichkeiten. Und das wurde abgelehnt schon. Das hab ich in dem Institut für Zeitgeschichte gefunden, so einen Brief, dass man das ablehnte.

Einen anderen, Brief, den ich gefunden habe, dass ein Amerikaner dem anderen schrieb: "Ich habe die Familie oder Herrn und Frau Steckel interviewt Sie gibt zu, dass sie Kommunistin ist - er nicht, er sagt, er wäre ein Theatermann und hätte sich wenig für Politik interessiert. Es bestünde eigentlich gar kein [...] Anlass, es zu verhindern, dass er kommt. [...] Dann wurde das weiter gegeben, und diese Briefe oder diese Nachrichten habe ich nie gelesen.

Also er ist ja dann auch immer ganz abenteuerlich über Prag nach Deutschland eingereist.

Ja das ist auch Brecht. Brecht durfte auch nicht in die amerikanische Zone. Das war... wann ging den Brecht? 48, glaub ich, ging der nach Ostberlin. Und der ist auch über Prag geflogen und dann mit dem Zug nach Ostberlin. [...] Der Stecki hat also den Puntilla gespielt und den Galilei inszeniert... Moment, der hat den Galilei erst inszeniert und gespielt, da war Brecht noch gar nicht da. Dann kam Brecht, hat mit dem Hirschfeld zusammen den Puntila gemacht, und dann ist er abgefahren, auch in diese Richtung über Prag, von Kloten nach Prag geflogen. Und der Stecki hat wieder eingegeben ´49, wie der Brecht ihn aufgefordert hat, den Puntila doch auch bei ihm im BE zu spielen,

BE ist das?

Berliner Ensemble. [...] Da hat er wieder keine Einreise bekommen. Und dann hat ihm die Waigel geschrieben er soll doch fliegen und sie würde ihm Geld nach Prag zu irgend jemand schicken. Das war dann ein Herr Katz, ein berühmter Kommunist. Und dort hat er sich das Geld abgeholt. Dann haben ihn aber an der Ostgrenze, wie hiess das denn, irgend was mit Sperla oder so ähnlich, haben sie ihn wieder zurück geschickt, weil er kein Visum für Ostberlin hatte. Dann musste die Waigel - die war ja sehr tüchtig - die musste ihm dann das Visum besorgen, die Helene Waigel. Und dann kam er erst an. [..] Das war für ihn ein Riesenerfolg, auch die Westberliner, die alle da waren, die waren alle drüben. Ich habe noch Freunde heute, die ihn da gesehen haben. Da konnte man ja noch ohne weiter... da war man noch keine Insel, nich, das war ja noch früher, vor ´51.

Ja, und dann hat der Brecht ihm angeboten, den Hofmeister, und Igor Bullischow und ein Haufen Rollen, wenn er sich entschliessen könnte, drüben zu bleiben. Und da also Herr Langhoff bereits also ein Schloss ungefähr im Grünen hatte und Herr Brecht in Weissensee eine Villa oder in Bukow oder was weiss ich. Und da hat man ihm das auch angeboten, er könnte also hier machen, was er wolle, bei ihm an seinem Berliner Ensemble... Und dann gings aber mit den Proben an. Und das hat Engel gemacht. Erich Engel zusammen mit Brecht. [..] Am Abend war er halt plötzlich alleine. Und da kam noch der Becher, der Komponist, der die Nationalhymne gerade [Johannes R. Becher], hatte er gerade kompniert und kam dazu an. Und dann haben die sich zu Abend gesetzt und da gibts die Möwe, das ist gleich neben dem Berliner Ensemble ein [...] Restaurant. Und das war halt ein bisschen einsam. Das gibts immer noch, ja. Da sitzt jetzt Herr Paimann wahrscheinlich.

Nein, da sitzen jetzt die ganzen Politiker, die nach Berlin umgezogen sind und was auf sich halten.

Also jedenfalls. Aber in der Möwe war gar nichts los und es war natürlich ganz anders: Er war ja dieses wahnsinns Arbetstempo gewohnt und viele Menschen um sich. [...] Und da ging er also mit dem Becher über die Linden und kein mensch auf der Strasse usw, und dann hat er also zu Brecht gesagt: "Also Brecht, ich glaub ich muss zurück, [...] während der Proben noch. Ich muss im Westen wohnen. Ich halt´s nicht aus hier im Osten. Es ist mir zu einsam und zu traurig." Hat der Brecht gesagt: "Naja, ich kann das verstehen. Ich brauch auch meine amerikanischen Zigaretten. Und dann müssen wir eben sehen, dass wir für Sie irgendwo im Westen eine Synchron bekommen, damit Sie ein bisschen Geld verdienen und dann können Sie ja rüberziehen". Und dann hat ihm wahrscheinlich Engel oder wer in Langwitz bei der Mosaik-Film, das war ja glaub ich so eine bekannte Synchronfirma, eine Synchronrolle besorgt. Und da hat er dann vorsprechen müssen zu der selben Rolle, die er schon einmal [...] vor 1933 synchronisiert hatte. "Gill Robinson" in «quo vadis?» oder so was...

Dann ist er gleich fein ins Steinplatz Hotel zu Herrn Zellermayer gezogen. [...] In Westberlin war ja was los. Da gab´s keine leeren Lokale.

Wie hiess das? Schlosstheater, oder?

Nein, das Schlosstheater war im Westen. Das war Barlock.

Da hat er doch dann auch was gemacht?

Ja, [...] nachdem er den also abgespielt hatte, hat der Balrock gesagt: "Jetzt bist Du schon im Westen, jetzt kannst Du doch bei uns was machen". Da hat er mit der Gundl Thormann «Donna Belissa» gemacht. [..] Aber er hatte immer noch keine Möglichkeit, wieder über Deutschland nach Zürich zu gehen. Er musste wieder über Prag zurück, denn er hatte ja da noch Vetrag am Schauspielhaus. Also mit ein bisschen traurigem Herzen schon, weil er natürlich die Rollen gerne gespielt hätte, den Hofmeister und der Igor Bull, und was er ihm noch alles angeboten hat. Aber er ist dann zurückgefahren und hat dann in Zürich wieder das Theaterspielen aufgenommen. Und er hat es nicht herausgefunden, warum er da gesperrt war.

Bis heute nicht.

Nein, bis heute nicht. Und da gab es ja den Kurt Drews, das war ein Journalist, den ich schon vorher kannte, weil ich ja hier schon eine etwas dubjose Stellung hatte bei einem Herrn, der Gaston Ulmann... Aber das ist eine andere Geschichte, die erzähl ich Ihnen ein anderes mal. Der Kurt Drews, das ist der spätere Mann von der Hatteier und der hat auch über das Schauspielhaus ein Buch geschrieben. Es gibt ja inzwischen eine Menge Bücher über das Schauspielhaus, sehr unterschiedliche. Und den hat der Stecki kennengelernt in Zürich und dem hat er das alles erzählt. Der konnte ja hin und her fahren. Der war ja Amerikaner. Der war für eine New-Yorker Radiostation da stationiert und dann bei den Nürnberger Prozessen. Da hab ich ihn kennengelernt. Ich kannte den Riess schon vor dem Stecki. Der war also Korrespondent von den Nürnbergern Prozessen. Ja das ist die andere Geschichte, die ich Ihnen dann noch erzählen muss. Und dann hat der sich sehr für ihn eingesetzt Hat das in die Presse gebracht, warum, weil dieser Mann nicht raus darf. Und es geschah nichts. Und dann ist der sogar zu McLoy gefahren der hat in Nauheim glaub ich residiert oder in Frankfurt. McLoy war der hohe Kommisar der amerikanischen Zone. Und der McLoy hat gesagt, er kann sich nicht in CIA Dinge einmischen.

Dann hat, ich weiss nicht, obs der Riess war, jedenfalls auch der Hirschfeld. Die haben sich sehr bemüht. Hirschfeld hatte einen Vetter, der den Ernst Reuter in Berlin gut kannte. Ernst Reuter und Theodor Heuss und die verschiedenen Intendanten der deutschen Theater haben dann alle auch an die Presse geschrieben. Und plötzlich bekam er wieder die Genehmigung. Das war aber dann schon ´52 im Oktober. Solang durfte der nicht rein. Ich mein, er hat dann noch ein paar sehr schöne Inszenierungen gemacht und so schwer war die Arbeit dann auch nicht mehr und in Basel hat man ihn immer geholt weil dann die plötzlich die Theater gut gingen, wenn er inszeniert hatte. Er war dann also voll ausgelastet, aber er wollte ja nach Berlin. Und dann durfte er also ´53 - er hatte noch bis Frühjahr ´53 seinen Vertrag, kam er eben ´53 nach München zu Schweighardt und hat bei chweighardt als erstes gemacht von Max Frisch «Don Juan und die Liebe zur Geometrie». Er wollte unbedingt den Oskar Werner haben und Oskar Werner hat ihm geschrieben: "Ich bin doch nicht der, da nehmen Sie den Quatflig, der bin ich doch nicht!" [...] Es gibt einen entzückenden Briefwechsel zwischen den beiden, nämlich die Auffassung, die Frisch und Stecki von der Rolle des Don Juan hatten und die der Werner hatte. Und der hat das dann nicht gespielt, hat ihn dann aber eingeladen, er wolle ein Ensemble bilden und auch auf Tournee gehen, ob er da nicht mitmachen würde. Aber das wurde dann nichts mehr. Der ist ja dann so elend am Suff zu Grunde gegangen. Ja, was war dann noch? Dann hab ich ihn kennen gelernt.

Also da war er dann hier?

Da war er dann hier. [..] Und dann hat mich Kurt Drews, den ich ja schon kannte als Korespondent, [...] mit der Harteier, zum Abendessen in ihr Haus, das sie da irgendwo in Zorneding oder Kirchseeon von ihrem ersten Mann, dem Feldhüter, der war vorher der Chef von Radio München, oder wie das damals hiess, ich weiss nicht, später hiess es dann "Radio München - Ein Sender der Besatzungsmacht". Und da war dann ein Amerikaner da, eine Geschichte die Sie interessieren wird, die ich Ihnen dann auch noch mal erzählen muss. Eine Gruppe von Amerikaner haben gegen die McCarthy Ära ihre Posten [...] zur Verfügung gestellt, sind aus diesem Staatsdienst herausgegengen und haben wieder, ich weiss nicht, der eine hat Lexika verkauft in New York, aber das erzähl ich Ihnen ein anderes mal. Naja und dann hab ich ihn kennen gelernt, an dem Abend, da trafen wir uns im Vier-Jahreszeiten. Es war ja sehr fein. Ich noch weiss genau, was ich anhatte. Wir fuhren also dann nach Kirchseeon oder Zorneding oder ich weiss nicht mehr genau und das war ein Abendessen...

Was hatten Sie denn an?

Ja, ich weiss noch: ich hatte ein beiges Kleid mit Rückenausschnitt und einem kleinem Jäckchen drüber.

Und wie alt waren Sie da?

Ach fragen Sie mich nicht, wie alt ich da war. Schon ziemlich alt.

Aber auf jeden Fall schon Fotographin, oder?

Schon nicht mehr. Ich hatte eine Fotoagentur. Ich habe die AP vetreten und Reuters vorher. Aber das ist auch wieder eine andere Geschichte.

Ja, das ist aber interessant. Ich laube, das war die erste Fotoagentur in München.

Die erste Fotoagentur in München, ja ja. Das war auch ein reiner Zufall. [...] Ich war auf der Fotoschule hier. In der Clemensstrasse, hatte eine Gesellenprüfung, das war das einzige, was ich vorweisen konnte. Ich dachte: "Was mach ich damit?" Ich hatte zwei Kinder aus erster Ehe, eine Mutter, die eine kleine Pension hatte - ich musste Geld verdienen. Und dann war ich die erste, die hier eine Fotoagentur hatte. Aber wir wollten doch gar nicht über meine Fotoagentur...

Doch, doch. Also Ihr habt Euch nicht über die...

Nein, wir haben uns an diesem Abend kennen gelernt, aber waren bereit nächsten Mittag im Hofgarten gesessen und haben uns fabelhaft verstanden und von da an gings los. [...] ´55 haben wir geheiratet, ´57 gingen wir nach Berlin. [...] Diese internationale Bauaausstellung war gerade fertig im Tiergarten, direkt neben der Akademie. Da haben wir eine wunderbare Wohnung gehabt, ein Maisonettewohnung, entzückend. Und ich hatte da eine Freundin, Heidi Luft, die Frau von Friederich. Und die ist immer auf die Auktionen gegangen und hat in den Antiquitätenläden für uns schöne Sachen eingekauft. Sie sehens ja noch...

Ja eben, ich wollts gerade sagen: da sind ja noch viele davon hier.

Ja und diese Bilder hat sich Stecki immer gekauft, wenn er eine gute Inszenierung gemacht hat und ein bisschen Geld verdient hat, hat er sich immer igend so ein Blatt gekauft. Sind alles Lithos, es nicht besonders wertvoll, aber er hatte sich so ein paar Sachen halt immer geleistet. Sind schon ein paar weg, natürlich. Meine Töchter haben schon ein bisschen abgeräumt. Das war´s !

Ne, das wars noch lange nicht. [schnitt]

Der Burgi war das, was er am liebsten hatte an Musik. Max Liebermann hat auch schon ab und zu, aber mit dem Burgi war er eben richtig befreundet. Ein entzückender Mann.

Wie hiess der Burgi richtig?

Paul Burghardt. Und Stecki hat gemacht - die haben ja zwischendurch schon noch sehr viel heiteres gemacht. Das hiess «Der Schwarze Hecht» das war von zwei schweizer Autoren, Amstein und, ich weiss nicht, da muss ich ins Buecherl schauen, da stehts drin. [...] Ja und dann waren wir mal bei Henze und bei Bachmann, wo die da zusammen lebten in Neapel. Mit dem Prünell und der...

Wer denn? Die Ingeborg Bachmann? In Neapel?

Ja, die hat in Neapel mit Henze zusammen gelebt. Und Stecki hat seine erste Oper gemacht dann an der Berliner Staatsoper in der Bismarckstrasse. «König Hirsch». Prünell hat die Bühnenbilder gemacht, weil Prünell hat... Der Stecki hat den Prünell in Baden-Baden bei einem Funk kennen gelernt und hat aber dann den Prünell, wahrscheinlich ein Bühnenbild da bei Tannert, in dem Theater bei Bad-Wiessee und war ganz begeistert. Und der war der Sohn eines Besatzungsoffiziers, eines französischen, und den hat er dann eingeladen, wie er das «Kiss me Kate» gemacht hat, [...] in Berlin. Und der hat dann viel bei ihm gemacht, auch die ganzen Goldonis und so. Und die Sade, die wohnt ja gleich da hinten und die will immer.... Und an die ist die Akademie auch heran getreten, die wollen alles, jedes Stückerl Papier was der Prünell je geschrieben hat. [...] Die haben einen Sohn, der der ist jetzt Generalmusikdirektor in Kiev. [...]

Also der Steckel hatte doch die erste Frau, die Jo, wie heistt die mit mit bürgerlichem Namen?

Elfriede Kur.

Hat die dann eigentlich als Elfriede Kur dann diese Stiftung gemacht?

Die hat Jo Mihali sich genannt. Und die hat auch geschrieben, alles mögliche, die so auch Zigeuner-... ach, das war auch eine interessante Person, die Jo. [...] Die kam aus Schneidemühl. Das ist im Krieg so ein Knotenpunkt, ein Eisnbahnknotenpunkt gewesen. Da kamen die aus dem Osten, die Urlauberzüge, oder fuhren wieder zurück an die Front oder so. Im ersten Weltkrieg schon. Und da hat sie mit ihrer Grossmutter immer am Bahnhof ausgeschenkt für die durchreisenden Urlauber und so, Soldaten halt. [...] Die war eine skurille Person. Dann hat sie sich angeschlossen an eine...- ja, man nannte sie die Kunden. Im Grunde genommen waren es Landtreicher. Es gab eine Gruppe von Landstreichern, die nannten sich die Kunden. Und die hatten auch einen König, der hiess Gock und mit denen ist sie herum gezogen. Und dann hat sie auch über sie geschrieben. Dann wurde ein Film gemacht, der wurde dann in Berlin auch aufgeführt aber das lief so unter so unter ferner liefen, aber dem Stecki hat das so imponiert. Und die haben sich kennengelernt, als der Stecki im Sommernachtstraum die Tisspe spielte, und sie hat so einen Elf getanzt. Da kommen doch die... [...] Wetta Bald und wo die Elfen da waren,

Und wann war das und wo?

´ 27. Ich weiss nicht [..] an welchem Theater, das steht ja da nicht drin. Und da haben sie sich kennengelernt und lieben gelernt. [...] Sie hat ganz hübsche Bücher, über Zigeuner. Das letzte, was sie geschrieben hat, das hat sie gefunden: ein Tagebuch eines vierzehn Mädchens. Wie damals nämlich immer mit der Grossmutter am Bahnhof war, da hat sie Tagebuch geführt. Das ist dann rausgekommen. Das müsste ich eigentlich auch irgendwo haben. Ich bin ja immer noch sehr gut mit Anja, ihrer Tochter. Und die hat ja die Bücher immer.

Und wo lebt die Anja?

Die Anja hatte einen [...] , Theo Ott, [...] der hat den Film gemacht, auch den vom Schauspielhaus. Der war eigentlich Apotheker in Neufahrn. Und die Anja ist sehr schwer krank, die hatte eine Kolitis Ulserosa, das ist eine chronische Darmentzündung. Die ist mit ihrem damals dann Alkoholiker gewordenen Mann in ein sehr schönes Heim nach Prien am Chiemsee umgezogen, und da lebt sie ja auch noch.... Und was wollt ich vorhin sagen? Ach, das ist die andere Geschichte, da brauchen wir ja nicht aufhören. Also ich hab die Fotoagentur gehabt und ich hab mich verliebt in den amerikanischen ersten... nein, das war ganz anders: Ein Journalist aus Schwabing, wir habe da ja so ´ne Clique von Schwabingern, die sich ja auch am Samstag bei der Conny draussen... Die Mutter und der Jean Golch war ein berühmter Schwabinger, die haben so ein offenes Haus gehabt, wo man immer hin konnte und immer Tee bekam. Da war immer so ein Prelonenofen und so ´ne Aluminiumteekanne drauf und man bekam immer Wasser. Es waren immer interessante Leute!

Wo war denn das?

In der Giselastr. 22. Und da hab ich also Leute kennengelernt. Den Bergholm zum Beispiel, mit dem ich ja immer noch befreundet bin. Und den Doroditi und den...

Kennst Du eigentlich den Erich Klette, den Maler?

Den Klette? Ja ja, den kannt ich auch.

Das ist der Vater vom Fuzzy. [...]

Und da kam so alles hin, am Abend immer. Meine Töchter machen mir heute noch Vorwürfe, dass ich immer abgehauen bin am Abend mit dem Radl da nüber gfahren bin, statt mit ihnen ins Bett zu gehen. Da bin ich immer abgehauen, ja. Das machen sie mir heute noch zum Vorwurf. Jetzt sind sie 61.

Wie alt waren sie da?

Ja, wie alt waren denn die? Die sind ´39 geboren, also waren sie fünf, sechs Jahre.

Rabenmutter...

Rabenmutter. Aber ich hatte ja meine Mutter, die hat ja den Haushalt wunderbar geführt. Die war ja da. Also, ich hätte nicht genug mit denen gespielt - und sie zu wenig in den Arm genommen, oder was weiss ich.

Das machen alle Mütter. Viel zu wenig spielen mit den Kindern, sagen die Kinder.

Ja, komisch, gell? Aber das war doch die Zeit, wo wir plötzlich wieder aufwachten aus unserem Kriegstrauma, und da wollten wir doch wieder was leben! Da hab ich den Hernn Zurri kennen gelernt, den Doroditi kennen und da waren so interessante und nette Leute eben immer. [...] Und da gabs den Werner Briehm, das war ein Jornalist, der mit Kurt Schraudenbach, das war ein Fotograf, die machten also Reportagen. Und der Werner Briehm, der hat gesagt, er hat jemanden kennen gelernt, der hiess Dr. Gaston Oulman. Und der sitzt in Moosburg. Wäre entlassen aus dem Gefängnis von Straubing von den Amerikanern und würde in Moosburg da bei einem Herrn in einem hübschen Haus wohnen mit einer Familie zusammen. Und er nähme mich mal mit raus, denn der sucht eine Sekretärin. Und da bin ich dann mit rausgefahren und da sass der im Garten und lauter Moosburger Bürgerhonorationen drum herum. [..] Der sah mich und war gleich angetan und dann hat er gesagt er ginge jetzt nach München in die Karl-Theodor Strasse Nr. 4 zu Frau Rüth. Da hätte er bereits gemietet. Er müsse jetzt nach München, weil er jetzt erst einmal sein Arbeit wieder aufnehmen wolle. Er wäre Korespondent der U.P. gewesen in Madrid und wäre auf irgendeine merkwürdige Weise herausgeflogen worden, um hier ins Gefängnis zu gehen.

Und warum?

Er war Jude. Und er käme aus Kuba. Und ich solle mich doch dann melden, wenn er wieder hier bei Frau Rüth wäre. Und er brachte damals einen Haufen Eier und Gänse oder jedenfalls also was zu Essen mit. Und mich hat er dann mit irgendwelchen Unterlagen, zu dem damaligen amerikanischen Landrat nach Freising geschickt. Da hat der sozusagen gebürgt, dass die alle keine Nazis waren. Waren natürlich alle [...] zumindestens Parteigenossen. Und die wurden durch den Herrn Oulmann entnazifiziert und dafür bekam er dann zu Essen. Und Frau Rüth hatte den Auftrag, wie ich dann ankam, oder dann mich da vorstellte, dass ich jeden Mittag was zu Essen von Frau Rüth bekam. Denn Herr Gaston Oulman hat den Auftrag bekommen, von "Radio München - ein Sender der Besatzungsmacht", da am Rundfunkplatz, als Kommentator zu den Nürnberger Prozessen zu gehen. Und wie dieser Intendant, der war damals ´34 [...] oder so was, das erste mal bei Herrn Oulmann war, der hatte gemietet, das war eine zweieinhalb Zimmer Wohnung, ein Kammerl, da wohnte er [..] und das grosse Zimmer, Wohnzimmer und dort wurde eine lange Tafel... und da hat Frau Rüth gekocht und da wurden immer Leute eingeladen. Und ich hab dann die "une heures" gemacht, ich sass dann da oben. Und da kam also dieser Intendant von Radio München - ich muss Euch ein Foto zeigen, ein schöner Mensch. Ich hab mich sofort furchtbar in den verknallt und der sich in mich. Und Herr Oulman war praktisch die Woche über in Nürnberg und brachte eines Tages Herrn Riess mit, da hab ich Herrn Riess kennen gelernt, der nicht so ganz koscher war, also der mochte mich lieber als ich ihn. Und der [...] brachte immer ganz feine Leute auch mit. Also Korrespondenten, von A.P., einem Bill Clark und eine Ruth Mestra, aus der Schweiz, aus Genf, also alle möglichen. Denen hat er versprochen Interviewpartner in München zu besorgen.

Und dann Leute aus der Stadt wurden interviewt. Und die kamen dann auch zum Abendessen. Und dann Oulman muss irgendwas - also ich fand ihn imer ziemlich graeusslich, aber er war eine imposante [...] Persönlichkeit, weil er sehr klug war, er war ja ein ganz schmaler, dünner Kerl. Aber er war ein guter Unterhalter und hat auch interessant erzählt. Da gabs dann eine Verehrerin, die hiess Fürstin Montenovo, kam glaub ich aus Ungarn oder so, hatte zwar einen italienischen Namen. Dann kam der Erbprinz Albrecht mit seiner damaligen Geliebten, auch eine Ungarin und die es kamen also dann so Leute, und ich war natürlich ganz stolz, dass ich die alle kennen gelernt habe. Und ich war dann imer oben gesessen und ich wurde dann abkommandiert zu einem Herrn Griesmaeier oder wer, der die Benzingutscheine ausgegeben hat und für den Herrn Uhlmann, der sich ein Auto gekauft hatte, oder geliehen hat, dass weiss ich gar nicht mehr, dem Benzin zu besorgen und dann hat er mich, damit ich flexibel bin, hat er mich einen Führerschein machen lassen. Und dann hat er sogar einen kleinen alten Opel gekauft und dann bin ich also mit dem Opel... und seit dem hab ich einen Führerschein und hab ihn immer noch. Das war ´47.

Ich hatte mich also in diesen Horrein so verliebt, der war so ein bisschen ein amerikanischer Quäker-Typ, so ein Weltverbesserer, usw. Und da gabs also diesen Sender, für den der Herr Oulman also diese Berichte aus Nürnberg über Göhring, [...] und die Aussagen der Leute gemacht hat. Und die waren natürlich sehr deutschfeindlich und er wurde ziemlich angegriffen von der Presse auch. Und ich meine er hatte schon recht, aber das wollten die Deutschen noch nicht so gerne wissen. Und ganz viel später, jetzt erst vor ungefähr fünfzehn, zwanzig Jahren, hab ich mal gelesen, dass es einen Bekannten Oulman gab, der hatte ein Privattheater in Berlin, nannte sich also Gaston, war aber ein deutscher Jude, und [...] hatte seine Schauspieler plötzlich alleine gelassen, ist mit der Abendkasse abgehauen und verschwunden. Und da ist mir erst klar geworden, dass der Lärmann hiess, eigentlich, Gaston Lärmann und dieser Herr war. Das hab ich irgendwie durch die Presse herausgefunden.

Und ich Idiot - er hatte sich also von den amerikanischen Freunden, die dann also immer kamen, hat er sich so ein Eisenhower-Jacket besorgen lassen, das war der Commissary, wo die damals einkauften. Und so eine englische, das war so ein Mützerl. Und ich bin doch da am Nikolaiplatz in dieses kleine Posamentengeschäft gegangen und hab ihm eine Concarde, eine kubanische machen lassen. Er hat´s mir genau aufgezeichnet und ich hab´s ihm noch draufgenäht. Er ist als Kubaner gegangen, der war glaub ich nie Kuba. Aber er sprach eben sehr gut spanisch, trotz allem. Das war die Geschichte mit Herrn Gaston Oulman.

Und dann hat auch ein... ich war befreundet mit den Riedelzwillingen, das waren Berti und Ruth von Riedel, eine Schauspielerin und eine Gynäkologin. Und die waren in der Schule mit dem Koka, Konstantin von Bayern. Und wie ich die Fotoagentur nacher angefangen hatte kam der Koka immer immer... Ach der Koka überhaupt

Dem hat die Siemens im Wittelsbacher Palais oben eine Wohnung eingerichtet. Und da konntest samstags hingehen in einem wunderbar rosa Bad Dich baden. Weil wir hatten doch alle keine Bäder. Oder kein heisses Wasser. Oder kein Brennmaterial. Und der Koka wurde Journalist. Und ich glaube für den Merkur, das weiss ich gar nicht. Jedenfalls der Oulman, verschwand eines Tages, nein, das war so: Horrein sagte eines Tages zu mir: "Du, mit dem Oulman stimmt irgend etwas nicht. Du musst Dich von dem trennen." Und da sagte der Oulman auch vorher, seine Zahnärztin in Solln hätte ihm eine Villa zur Verfügung gestellt. Und da hab ich gesagt:"Ich kann nicht aus Schwabing weg. Da wohnen meine Kinder, meine Mutter." Und da war ich weg, sozusagen. Und der ging also dann nach Solln, aber ganz kurz danach war er plötzlich in Baden-Baden und dann wurde er glaub ich irgend ein Funkmensch in Saarbrücken, oder so. Und dann war er verschwunden. Und der Konstantin wollte dem nachgehen und ist dem nachgefahren. An alle die Stellen, wo es hiess, da wär er gewesen. Und war dann auch in Saarbrücken und da hiess es, er wär nach Paris gegangen. Und dann hat er nur noch das Grab im «Pére Lachaise» von ihm gefunden.
Und der arme Konstantin ist ja dann abgestürzt, mit dem Hubschrauber über München. Macht Ihr eigentlich noch Aufnahme?

[Das läuft schon] Aber das ist meine Geschichte gewesen.

Ja, jetzt machen wir mal wieder Schnitt, dann können wir nämlich zwei Aufnahmen machen. [Ja, ja record - läuft schon]

Also 1947 hat Herr [...] Aussenminister Burnes eine Rede gehalten, in Stuttgart und hat sozusagen die amerikanische Politik für Deutschland erklärt. Nämlich der Beginn sozusagen, der McCarthy-Ära und des kalten Krieges. Also ´47. Deswegen sag ich, Stecki durfte plötzlich ´47 nicht mehr raus aus Zürich. Es muss etwas damit zu tun gehabt haben: Mit dieser Veränderung der amerikanischen Deutschlandpolitik. Und die [..] paar Leute, die von der «information-division» her abkommandiert wurden, um dann Radio München zu übernehmen. Das waren lauter junge Korespondenten. [...] Also Horein, der dann der Intendant war, der war dann, was weiss ich, noch keine 30, 27 oder was. [...] Der hatte irgendwann in Heidelberg studiert und in Bonn. Und spricht ein fabelhaftes Deutsch, auch heute noch. Er ist immer in Deutschland geblieben. Er ist nicht nach Amerika zurückgegangen. [...] War aus New Ville, Kentucky. Also er war ein reiner Amerikaner, aber er spricht das schönste Deutsch, hat immer gesagt: "Du verwechselst immer anscheinend mit scheinbar!" Und die haben nach dieser... das war er, sein Freund Tom Messer, der später, 27 Jahre «art-director» des Guggenheim-Museums war und in den ich auch sehr verknallt war. Und noch ein anderer, Klaus Brill, der hatte die Hörspiel Abteilung von Radio München unter sich, der Tom Messer die Musikabteilung, es waren noch zwei da, ja noch ein richtiger Kommunist, der hiess, vergessen, Antonioni oder so ähnlich war glaub ich Italiener. Die haben nach dieser Rede von Burnes ihre Posten zur Verfügung gestellt. Sie machen diese neue Deutschlandpolitik nicht mit und waren von einem Tag auf den anderen entlassen.

Und das find ich doch allerhand. Und Horein ist heute noch ein PDS... und Freund von Gysi und liest nur die.. wie heisst sie, die Zeitung da drüben? Wie heisst sie?

Neues Deutschland. Ist das der, von dem Du mir die Adresse mal gegeben [...] hast?

Kann schon sein. Aber der wohnt jetzt... der ist so alt wie ich. Und lebt jetzt in Freiburg in einem Altenheim und ist happy. Und korespondiert nur mit solchen Leuten. [...]

Er hat doch einen Brief an den Gysi geschrieben?

An wen? An den Gysi. Ja ja, die korespondieren überhaupt. Woher weisst Du das?

Weil Du mir das erzählt hast.

Hab ich Dir das erzählt, ja? [, ...] Ich dachte, das interessiert Dich sicher. Ja.

Ja. Aber hab ich das immer noch nicht genau kapiert: [...] Die haben dann gesagt, sie wollen diese neue Deutschlandpolitik, also die Kommunistenhetze nicht mitmachen. Als der kalte Krieg los ging, praktisch.

Ja. [...] Und dann kam der Herr von Kuge und so, dann kamen andere Leute her, Buttersack oder wer dann alles. [...] Also die Amerikaner waren dann raus. Aber vor einem Jahr wurde er sehr geehrt. Da hat also hier, [...] wie heisst der denn jetzt, hier der Direktor des bayerischen Rundfunks. Wurde ein richtig grosses Fest gefeiert für Horein. Ich war sehr stolz.

Ja? War er dann auch da?

Ja sicher. Aber wir wollten zurück auf die andere Sache.

Ja jetzt gehen wir mal wieder auf den Leonhard Steckel. [...] Nein das war jetzt so, dass wir die erste Frau, die Jo Mihali. Über die erste Frau hast Du erzählt. Und jetzt muss ich wieder "Sie" sagen, weil beim Steckel haben wir immer "Sie" gesagt... Ich muss jetzt wieder "Sie" zu Dir sagen.

Ach so? Hast Du "Sie" zu mir gesagt? [Ja, ja, ja, ist mir auch aufgefallen, das würde ein Problem]. Soll ich ihr das "Du" anbieten?

Das müssen wir dann offiziell machen. [Auf das "Du" trinken, während der Sendung,] Können wir auch machen. [kling] Nein, jetzt müssen wir praktisch [...] den Übergang, von der ersten Frau...

...zur zweiten. Und die zweite brauchen wir ja nicht so weiter. Naja, was ist der Übergang? Du meinst, wann die sich haben scheiden lassen, oder was? Nö, das brauchste nicht.

Ja, oder warum?

Ja, also der Stecki war nicht der treueste, wollen wir mal sagen. Und die Jo hatte sich in Ascona niedergelassen. Und Stecki war in Zürich und hatte sich eine Junggesellenwohnung gemietet. Och, das allererste [...] mal sah ich ihn übrigens, als der Georg Thomalla, der auch mal ein Verehrer von mir war, den ich durch den Riess kannte, mit nach Zürich nahm, weil er bei Stecki Offenbach Einakter gespielt hat. Und da [...] sass ich also in der Loge mit Max Spähling, der auch eingeladen war. Und hinterher hab ich gewartet auf den Tommi. [...] Die waren so beengt in diesem Theater. Zum Beispiel der Theo Otto, der die Bühnenbilder teilweise im Hof draussen malen musste [...]. Und dann hatten sie hinten so einen [...] Ausgang, da war oben so ein Dach drüber, da haben sie die Requisiten hingestellt. Und da hab ich mich wartend auf den Thomalla auf einen Tisch gesetzt und hab mit den Beinen gebaumelt, wie der Herr Steckel heraus kam. Und zu mir sagt: "Ach, [...] auf wen warten Sie denn?" Sag ich: "Ich warte auf den Thommy." "Ach ja?" sagt er, "waren Sie in der Vorstellung?" "Ja", sag ich, "es war sehr schön." [...] Da hab ich ihn das erste mal gesehen. Und dann hab ich ihn also wieder bei dem Abendessen bei Hatteier und Riess hier in Zorneding oder Kirchseeon, das weiss ich nicht mehr, getroffen. [...] Seit dann waren wir zusammen.

Und dann seid Ihr nach Berlin.

Nein, dann hat er sich eine Wohnung genommen, er wohnte eine zeitlang im «Blauen Haus», wo alle diese Emigranten wohnten. Dann in Zürich gab´s ein Hotel, wo sie alle wohnten, im Urban, in der Stadlhoferstrasse und eins in München, in der Fürstenstrasse, war das «Blaue Haus». Und da hat er gewohnt. [...] Das war ein billiges Hotel. [...] Und dann trafen wir uns da jeden Tag. Da ging´s los.

Und was hat er denn dann hier gemacht?

Wisst Ihr, was komisch war? Er hat doch die Jo kennengelernt [...] als Elf im «Sommernachtstraum». Und ich hab den Elf im «Sommernachtstraum» auch getanzt. Und zwar ein paar Jahre früher noch. Und mich hat damals ein Schauspieler in München angesprochen, der hiess Arno Schröder. Und der hat gesagt: "Mädchen, wie Sie, oder wie Du hat er damals noch gesagt, immer diesen Kulissenmond anhören. Wollen Sie nicht Schauspielerin werden?" Beinahe wär ich´s geworden, wenn ich den Mut gehabt hätte, dem mal vor zu sprechen. Ich hab dann den Puck gelernt, obwohl ich als Mädchen den Puck... da war ich sowieso viel zu jung und zu albern: Aber ich dachte: Der Puck ist eine schöne Rolle. Den hat der Stecki gespielt, [...] vorher. Ja, was wollten wir noch sagen?

Also Ihr wart dann in München zusammen, erst mal. Und was hat er dann hier gemacht?

Dann waren wir in München zusammen... [...] Achja, die Geschichte wollt´ ich erzählen: Er hatte in Zürich den «Schwarzen Hecht» gemacht. Das war ein Stück von zwei Schweizern. Und das war ein Riesenerfolg. [...] Er hat immer den Burki dazu gekriegt, dass der Musik gemacht hat. Und er hat dann die Musik für diesen «Schwarzen Hecht» gemacht. Ich glaub da hat auch die Giehse gespielt und wer da in Zürich genau gespielt hat, weiss ich gar nicht mehr. Jedenfalls der Charell hat das Stück gesehen, in Zürich, der Stecki durfte noch nicht raus, der Burki hatte ein Verhältnis mit Charell, hat ihm das Drehbuch, oder bzw. das Regiebuch von Stecki oder von sich, der hatte ja das selbe Regiebuch gegeben, Charell ist nach München gekommen, Josi Wild, hat glaub ich den ersten «Schwarzen Hecht» gemacht und wie hiess es? Das war eine [...] kleine Sache in Zürich aber es hatte einen Riesenerfolg. Es wurde hier aufgeführt, ich glaube erst bei Schweighardt in den Kammerspielen und es hiess: «Das Feuerwerk» Und dann glaub ich hatt´s erst Charell im Gärtnerplatztheater gemacht. Das lief ja dann durch alle Theater in München.

Und Stecki hat sich schon geärgert. Es war sein Drehbuch, oder seine Inszenierung, sein Buch halt. [...] Die Musik war ja hinreissend, nicht? «Oh, mein Papa» und all diese [...] «Ich hab zu Haus ein kleines Pony» [...] Das ist ja ein richtiger Hit gewesen, nicht? Ja, [...] er hat sich auch geärgert dass er das nicht... Es wurde gar nicht davon geredet, dass es sein Drehbuch war, sein Regiebuch wahr, nicht? [Faden]

Und als Ihr beide dann hier ward, was habt Ihr dann gemacht?

Was haben wir denn dann gemacht? Da hab ich noch die Fotoagentur gehabt. [...] Ich war da die erste, die hier überhaupt angefangen hat. Und zwar [...] hab ich bei einer Fotoschulkollegin, einer Schweizerin, [...] einen David Brown kennen gelernt. Einen Kerl, einen Riesenkerl, der war der Chef aller Reuters Vertretungen in Deutschland. Reuters, diese Londoner Agentur, Nachrichtenagentur. Und der hat gesagt, er suche in München auch jemand, der Reuters vertritt. Und da hab ich gesagt: "Ja, das mach ich gerne." Und da bin ich dann von Berlin, wo ich war, wo ich diese Freunde [..] besucht hatte, nach München und hab dann Reuters vertreten. Da hab ich also immer jede Woche hab ich also so einen Stapel Fotos bekommen und bin dann mit meinem Radl zu Quick gefahren, das gab´s schon und dann gab´ nachher den Kindler, das war dann die Revue, und da gab´s noch so Madame oder was es so gab, Gong gab´s noch nicht. Und hab die da angeboten. Und ein halbes Jahr später hat mich aus Frankfurt ein Herr Sausche angerufen, er wäre die deutsche Vertretung von der «Asocial de Press » und ob ich das nicht übernehmen könnte. Da hab ich gesagt: "Ich hab ja doch schon Reuters, da kann ich doch nicht..." "Ach," hat er gesagt, "wissen Sie, Reuters, da bringen sie den Zoo und die [...] Familie, die Elisabeth. [...] Das ist ja keine News, wir haben die News-Fotos", die jeden Tag morgens abgeholt werden mussten, bei Reuters war der nicht so da hinter her, weil es ja nun wirklich [...] keine besonderen Neuigkeiten gab. Und bei Associal Press gab´s natürlich alles, was auf der Welt los war, nich. Und das war dann so ein Auftrag, da hab ich dann immerhin so ungefähr fünfhundert Mark im Monat verdient. Das war nämlich ganz schön. Neben der kleinen Pension meiner Mutter war das dann ganz nett.

Aber ich musste irrsinnig arbeiten. Ich bin morgens mit dem Radl da hingefahren, hab den Express abgeholt. Dann musste das nachmittags wieder gleich aussortiert werden, was nicht verkauft war, zurück geschickt mit einer Liste...[...] Das war schon eine furchtbare Arbeit. Und wissen Sie, wer mir damals geholfen hat? [...]

Die kennen Sie auch: Die Frejya Eisner, die Enkelin von Kurt Eisner. Die war dann meine Mitarbeiterin.

Unglaublich.

Und später die Beathe Eberbach. Die haben dann mir geholfen. [...] Die Beathe hat dann dadurch, dass ich natürlich schon verbandelt war, ist die dann auf die Redaktionen und die hat nachher einen dollen Job bei der Quick gehabt.

interupt: [kreise schliessen sich, fäden werden gezogen].

die Freyja? die ist jünger als ich. die ist mitte 70...

na auf jeden fall wär die Ingrid auch fast heute hierher gekommen, wenn ich sie noch angerufen hätte. ich habe sie nicht angerufen. ich habe mir gedacht, ich will das jetzt erst mal alleine machen. nicht wieder so eine expertenfrau, ja?

ja, wir wollen ja auch nicht zu politisch werden. das will ich auch gar nicht.

ne, nee, die weiss sehr viel und die hätte dann halt theatergeschichtlich wirklich gut nachfragen können. aber wir haben uns gedacht das ist besser einfach so.

na ja, da genügt ja.

aber es ist lustig, wie, wie, wie die... [sich die kreise schliessen. ja.]

überhaupt. wenn man so denkt, wie sich so diese, die fäden überall hinziehen. und wieder so. jeder kennt jeden eigentlich, nich?

es ist immer das gleiche: die leute, die wirklich was gemacht haben - das ist ja jetzt auch so - die sind untereinander in verbindung, oft ohne dass sie´s wissen. Und das kommt dann immer zufällig raus.

...dass sie´s wissen, ja. aber ich bin eine faule, muss ich sagen.

und das war bei euch genau so. in der zeit, ja. ist schon lustig.

ja, es war ein schöne zeit.

und die ersten, mein erster, meine erste liebe, grosse liebe, war der sohn, das Prinzlein vom Erich Klette. sein sohn Andreas.

ach so. das ist ja entzückend, ja. Erich Klette war ein grosser schlanker herr, wenn ich mich recht erinnere.

richtiger gentleman, sehr.

war ich auch bei Jean drüben. Jean Golch hiess der. der hatte einen spitznamen der Jean - Golch. und seine frau hiess Alice Franz. und die ist jetzt 88 [...] und macht immer noch synchron und ab und auch mal eine kleine rolle. und dann hat die... das war halt wirklich Brehm. ich weiss noch 1949 oder ´50 hat sie mal auf der strasse, ind der Giselastrasse gestanden: " also ich muss dir mal was sagen, aber du darfst es nicht weiter erzählen." sag ich: ",ja, was ist denn?"

[aufnahme stopp / interupt ende]

Bis ´53. Jetzt müssten wir praktisch so ab ´57 machen, oder? ´57 bis ´71 müssten wir noch ein bisschen was machen.

«Drei Mann auf einem Pferd». «Zeitgrenze». «Weibsteufel», Peter Kral, in der Josephsstadt, das war toll. «Amerika» von Kaffka, am Schauspielhaus mit dem Broogle. «Kiss me Kate» machte er noch mal in Hamburg. [...]

«Kiss me Kate» war ein so Riesenerfolg [...] da hätte er noch jahrelang spielen können. Und er [...] wäre gern beim Musical geblieben, weil mir das sehr gelegen hatte. Da wollte er dann noch die Valente, wollte er noch angagieren, für, wie hiess denn das nächste, das mit der Schiesserei, mit dem Mädchen? [...] Na ja, das hab ich jetzt vergessen... Also er wollte weiter Musical machen, das lag ihm sehr. Und Neuss und Müller haben in...

Du meinst jetzt den Wolfgang Neuss?

Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, die beiden Kabarettisten, haben die Gangster gespielt in «Kiss me Kate» Und [...] das Schöne war daran: Der Insulaner Günther Neumann hat die Texte gemacht. Die Texte sozusagen, die amerikanischen Texte verberlinert. So was hinreissendes.

Wer waren denn die Insulaner?

Die Insulaner. Daralalalala. Das war die Zeit wo wir Insel waren. Wo die Mauer gebaut worden war. Nach der Mauer. Und da hat er «Die Insulaner» gemacht. [...] Das kam jede Woche, hat er eine Insulaner-[...] Radiosendung gemacht. Tatjana Seiz, die Scheuwer, der Jo Herbst, und der Fritz Lehmann oder wer, oder Schulz? Also, jedenfalls es war ein Riesenerfolg die beiden. Und wie das so einschlug [....], «Kiss me Kate», da waren die so aufgedreht die beiden, Neuss und Müller. Da haben sie gesagt: " Wir halten´s nicht aus. Wenn die Vorstellung zu Ende ist - ein halbe Stunde später - machen wir Schiess-mich-Tate-Kabarett. Da haben sie dann um halb elf angefangen mit Schiess-mich-Tate.

Und der Stecki war ja, er hat sehr konzentriert immer die Stücke gemacht. Er sagt: Man kann einem Publikum - also wenn das die heutigen Intendaten hören - nicht länger als zweinhalb Stunden ein Stück zumuten. Es war dann auch nicht länger wie zweieinhalb Stunden. Aber es war entzückend. Der Wolfgang Putz mit dem "´S is´ viel zu heiss" und eben "Wir ziehen im Dienste der Muse durchs Land - Wir sind nicht wie die Duse bekannt. Dadadadidadam. Spielen wir uns abends selber an die Wand". Also herrliche Texte hat der gemacht. Der Günther Neumann. Ich hab sie noch alle. Ich hab noch das [...] Regiebuch von «Kiss me Kate» da. Und das war natürlich auch eine schöne Zeit für mich.

Wann war das in Berlin?

Wann war denn «Kiss me Kate»? Das muss ich nach schauen, im Bücherl. Jetzt muss ich leider ein bisserl blättern. Achja, das war ja viel später. [...] ´55. [...]

Ach ja, so früh schon. In dem Portrait über Steckel zu seinem siebzigsten Geburtstag [...] da hat doch Friedrich Luft gesagt: "Schade, dass Steckl so wenig..." Er hätte noch viel öfters an Berliner Bühnen inszenieren und spielen sollen.

Ja, der Stecki war doch vor der Emigration schon an der Volksbühne. [...] Wie er kam, hat Schuh gerade aufgehört Und man hat ihm [...] angetragen, die Volksbühne zu übernehmen. Das war damals noch [...] im Theater am Kurfürstendamm, was früher den Wölfers gehörte, wurde die Volksbühne installiert. Und da wollte er, der ja auch mit Hirschfeld und denen zusammen schon [...] den Spielplan für die Stücke, die er im ganzen Jahr gemacht hat, hatte bereits sich vorbereitet. Er hatte also einen wunderbaren Spielplan. Und darunter waren natürlich auch leichtere Stücke, z.B. ein entzückendes Stück: [...] «Die Pariserin» mit Musik von [...] Paul Burkhardt: "Ich bin eine Frau" [...] Entzückend. Mit Boy Gobert und der Karla Hagen. Es war so hinreissend. Und Fritz Butz aus Zürich machte ein Bühnenbild, das nur aus Tütllwänden bestand. Es war hinreissend.

Und da fanden diese Spiesser, der Herr Vorsitzende Mistripke und der Herr Zeitungswissenschaftler Knutsen, die damals die [...] Volksbühne leiteten, fanden das alles nicht literarisch genug. Nun, Stecki hat ja geneug bewiesen, dass er Literatur inszenieren konnte. Aber er wollte halt die Leute ins Theater führen. Und dann haben sie ihm dann dauernd reingeredet. Und da ist er ein halbes Jahr geblieben. Und dann haben sie ihm noch einen Herrn Ludwig hingesetzt, der ihn sozusagen kontrollieren sollte. Und dann hat Stecki einen grossen Abdankungsbrief geschrieben und ist gegangen. Und da hatten dann wahrscheinlich auch die anderen Direktoren - obwohl er schon bei Reck und auch bei Barlock inszeniert hatte: schon wie er bei Brecht war, hatt er schon bei Barlock im Schlossparktheater da mit der Gundl Thormann die «Donna Belissa» gemacht, und auch bei Reck hat er «Die Zimmerschlacht» von Wilser gemacht, oder so einiges - jedenfalls, da haben sie sich nicht mehr so getraut, ihm richtig was anzubieten, offenbar. Da hat er dann noch diesen «König Hirsch» von Henzel gemacht und dann hat er gesagt: "Na, dann gehen wir halt weg." Aber er wäre wahnsinnig gerne in Berlin geblieben natürlich. Da war er dann sehr enttäuscht.

Ja und wo ist er dann hin weggegangen?

Ja, dann hat er viel in Wien gemacht. Dann hat er eben «Kiss me Kate» noch mal in Rotterdam gemacht.

Wo hat er in Wien was gemacht?

Vor allem an der Josephsstadt. Und im Akademietheater. Dann ist er auch wieder auf Tournee gegangen, selber gespielt. Den «Meteor» war er auf Tournee.

Ja, seine Freundschaft mit Dürrenmat?